40 Jahre FIfF – denkwürdige Zeiten

Am 2. Juni 1984 wurde in Bonn das Forum Informatiker für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e. V. gegründet.

40 Jahre FIfF – denkwürdige Zeiten

Am 2. Juni 1984 wurde in Bonn das Forum Informatiker für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e. V. gegründet. Viel hat sich seither geändert. Das Internet in seiner heutigen Form als World Wide Web war noch nicht absehbar; noch weniger, dass wir heute, 40 Jahre später, (fast) alle einen Kleincomputerin der Hand (oder am Handgelenk) tragen, dessen Leistungsfähigkeit die damaliger Großrechner um ein Vielfaches übersteigt. Doch im Grunde sind viele der damaligen Herausforderungen immer noch aktuell oder sie stellen sich in neuer Schärfe. Die Verbindung der Informatik und der Künstlichen Intelligenz mit der Rüstungstechnologie besteht weiter und hat sich im Zeitalter der „Zeitenwende“ eher noch verstärkt. Auch die Rationalisierung und Automatisierung der Arbeitswelt besteht fort – einschließlich der Vernichtung „alter“ Arbeitsplätze, aber auch der Schaffung neuer.

Im Schwerpunkt der aktuellenn Ausgabe: 40 Jahre FIfF – denkwürdige Zeiten haben wir Wegbegleiter:innen des FIfF – Persönlichkeiten und Organisationen – eingeladen, ihre eigene Arbeit vorzustellen und Anregungen für die Arbeit des FIfF zugeben. Viele haben geantwortet und tragen damit zu einer inhaltlich reichhaltigen Ausgabe bei. 

Michael Ahlmann, Stefan Hügel, Hans-Jörg Kreowski und Ralf E. Streibl, die das Heft redaktionell betreut haben, schreiben dazu: „Informatik zusammen mit Informations- und Kommunikationstechnik ist eine Schlüsselwissenschaft und -technologie, die die Grundlage für die umfassende gesellschaftliche Transformation bildet, die üblicherweise als Digitalisierung bezeichnet wird. Da allerdings bekanntlich die Anwendungen von Wissenschaft und Technik nicht immer und schon gar nicht automatisch dem Wohle der Menschheit dienen, bringt die Digitalisierung nicht nur Chancen und Vorteile mit sich, sondern auch Risiken und Gefahren. Viele ihrer Errungenschaften sind nicht mehr wegzudenken und längst alltäglich geworden. Aber es gibt auch diverse problematische, kritikwürdige Entwicklungen, die nur Partikularinteressen dienen oder unerwünschte, ja katastrophale Folgen haben können.“

Dies bildet sich in den Beiträgen ab, einem breiten Spektrum von Stellungnahmen aus wissenschaftlicher, aktivistischer und persönlicher Sicht. Die Wirkung der Rüstungsinformatik zeigt sich zunehmend bei der Nutzung von Verfahren der Künstlichen Intelligenz, die inzwischen auch zur Zielmarkierung eingesetzt werden und damit das Töten effektiver und effizienter macht. Dies ist gerade verstärkt in Gaza zu beobachten, wo Systeme wie Lavender und Gospel die Voraussetzung für Drohnenangriffe schaffen, denen häufig auch Unbeteiligte zum Opfer fallen – verharmlosend „Kollateralschaden“ genannt, aber immer durch diejenigen zu verantworten, die solche Waffen einsetzen. In unserem ausführlichen Positionspapier, das wir gemeinsam mit dem Arbeitskreis gegen bewaffnete Drohnen und der Informationsstelle Militarisierungerarbeitet haben, werden die Folgen im Detail dargestellt. Für uns gibt es nur eine Konsequenz: Der Einsatz solcher Systeme muss als Kriegsverbrechen weltweit geächtet werden. 

Auch die Zivilklauseln, die militärische Forschung an unseren Hochschulen zurückweisen, sind unter Druck geraten. Dagegen wendet sich dieFrankfurter Erklärung des bundesweiten Zivilklausel-Kongresses im März 2024, die das FIfF mitunterzeichnet hat und die wir im Wortlaut abdrucken. Dort heißt es: „Wir weisen die gegenwärtigen drastischen Versuche von Rüstungskonzernen und ihren politischen Wortführern in Bund und Ländern entschieden zurück, die öffentlichen Hochschulen für militärische Zwecke zu öffnen und die Zivilklauseln zu unterminieren, um Wissenschaft in den Dienst von Sicherheits- und Geopolitik zu stellen. Wir wollen zivil für die kooperative Gestaltung einer friedlichen Welt arbeiten, lernen und forschen!“

Mit einem ganz anderen Thema befasst sich der darauf folgende Beitrag: In einem Projektbericht wird ein Werkzeug für Lebenszyklus-Analysen von Gebäuden in den frühen Planungsphasen beschrieben. Jonas J. Schönefeld und sein Team schreiben dazu: „Gebäude spielen für die Klimaneutralität eine Schlüsselrolle, da allein ihr Betrieb gut ein Drittel des Energieaufwands und der dazugehörigen Treibhausgasemissionen in der Bundesrepublik Deutschland verursacht. Bei der Planung von Modernisierungen oder von neuen Gebäuden werden in den frühen Planungsphasen viele richtungweisende Entscheidungen getroffen. Ziel des Projekts LezBAU ist es, ein Werkzeug zu entwickeln, das sich mit relativ wenigen Eingaben und niedrigen Einstiegshürden kostenlos nutzen lässt.“

Beiträge aus netzpolitik.org zu den Aufgaben der neuen Bundesdatenschutzbeauftragten, zur Nutzung automatischer Gesichtserkennung durch die sächsische Polizei, zur Vollautomatisierung des Einkaufs mittels Skelettkontrolle und zu den sich abzeichnenden Aufgaben der künftigen EU-Kommission runden die Ausgabe ab.

Zur Ausgabe 2/2024