Biometrischer Überwachungsexzess der Bundesregierung

Biometrischer Überwachungsexzess der Bundesregierung
Bild: Webcam in Renesse von Beademung

Pressemitteilung vom 30.8.2024 - Die politischen Reaktion auf den Anschlag in Solingen beinhalten nicht hilfreiche, aber gefährliche Überwachungsvorhaben.

Das neue „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung beinhaltet gefährliche Überwachungsvorhaben. Die geplante biometrische Erfassung von Gesichtsbildern aus dem Internet ist ein Angriff auf die Grundrechte aller – ohne klare Notwendigkeit oder Nutzen.

Die gestrige Vorstellung eines Überwachungspakets in Reaktion auf den Anschlag in Solingen markiert einen neuen Tiefpunkt im fortwährenden Abbau von Grundrechten. Die Ampel-Koalition möchte faktisch Anonymität beenden und uns alle immer und überall identifizierbar machen.

Biometrische Massenüberwachung

Ermittlungsbehörden sollen das Internet nach Gesichtsbildern durchforsten und diese Daten für biometrische Abgleiche nutzen dürfen. Dieser massive Überwachungsvorstoß zur Gesichtserkennung wird noch nicht einmal begründet.

Diese neue Befugnis sollen die Ermittlungsbehörden „unter Beachtung der KI-Verordnung“ und des Datenschutzes erhalten, schreibt die Bundesregierung in ihrem „Sicherheitspaket“-Papier. Beides ist nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern auch ein Widerspruch: Die KI-Verordnung verbietet es im Prinzip, KI-Systeme zu nutzen, um Datenbanken für biometrische Gesichtserkennung durch das massenhafte ziellose Auslesen von Gesichtsfotos aus dem Netz zu erstellen oder zu erweitern.

Verkauft wird die neue biometrische Rundum-Überwachung jetzt als „Maßnahme gegen gewaltbereiten Islamismus“. Doch schon in dem vor zwei Wochen geleakten BMI-Referentenentwurf für ein neues BKA-Gesetz ist die Idee weitreichender biometrischer Überwachung enthalten. Und zwar mit noch mehr biometrischen Daten, die aus dem Internet gesammelt werden sollen, etwa „Bewegungs-, Handlungs- oder Sprechmuster.“

Tür auf für Palantir und Konsorten

Zusätzlich sollen polizeiliche Daten automatisiert mit Software analysiert und sogar für das Testen und das Training von „KI-Anwendungen“ genutzt werden. Das bedeutet praktisch, dass der ganze Zoo polizeilicher Datenbanken nicht nur zusammengeführt werden soll, sondern die Daten in „KI-Anwendungen“ enden werden. Offenbar ignoriert die Bundesregierung die Fehleranfälligkeit und Risiken von KI und sitzt dem KI-Hype auf.

Wer annimmt, die Polizei sei bisher handlungsunfähig durch zu geringe Befugnisse und müsse daher neue vorgeblich „moderne“ Methoden nutzen dürfen, hat offenbar ein ganzes Jahrzehnt von ständig erweiterten Befugnissen verschlafen. Beschnitten wurden diese allenfalls durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Auch die Ampel will offenbar das ständige Erweitern der Befugnisse fortführen.

Anonymität ist kein Verbrechen

Die biometrischen Überwachungsmaßnahmen führen in eine dystopische Zukunft, in der niemand mehr anonym im öffentlichen Raum oder im Internet unterwegs sein kann.

Das Recht, sich frei und unbeobachtet bewegen zu können, ist essentiell für eine funktionierende Demokratie. Eine Gesellschaft, in der jede Bewegung erfasst und analysiert werden kann, führt zu Selbstzensur, Misstrauen und einem Klima der Angst. Dieser Überwachungsexzess ist ein direkter Angriff auf die Freiheit und die Grundrechte jeder einzelnen Person.

Die Ampel sollte ihren eigenen Koalitionsvertrag lesen und sich daran erinnern, wofür sie einmal angetreten ist: „Den Einsatz von biometrischer Erfassung zu Überwachungszwecken lehnen wir ab. Das Recht auf Anonymität sowohl im öffentlichen Raum als auch im Internet ist zu gewährleisten.“

Die Kehrtwende zur biometrischen Massenüberwachung soll sämtliche offen im Netz verfügbaren Fotos zum behördlichen Abgleich missbrauchen. Das betrifft viele Millionen Abgebildete und verändert unsere Gesellschaft nachhaltig zum Schlechteren.

Dank an den Chaos Computer Club

Diese Stellungnahme wurde inspiriert von der Stellungnahme des CCC zum Thema.

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