Dobrindts gefährliches „Sicherheitspaket“
Über Palantir als Trojanisches Pferd von Trumps USA und die nach wie vor irreführenden Sicherheitsversprechen der Biometrie.

Pressemitteilung vom 5.8.2025 – Über Palantir als Trojanisches Pferd von Trumps USA, digitale Nichtsouveränität und die nach wie vor irreführenden Sicherheitsversprechen der Biometrie.
In einem jüngst bekannt gewordenen Referentenentwurf schlägt Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) mit dem sogenannten „Sicherheitspaket" eine breite Nutzung der Datenzusammenführungs und -analyse-Software der US-Firma Palantir sowie eine starke Ausweitung der automatisierten biometrischen Überwachung für das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei vor. Vor dieser Entwicklung warnen wir dringend, weil sie uns alle nicht nur nicht sicherer macht, sondern sensibelste hoheitliche Daten den USA unter Donald Trump zugänglich machen wird.
Grundsätzlich begrüßen wir eine gute, aufgabenbezogene und legale informationstechnische Ausstattung von Bundeskriminalamt und Bundespolizeien. Auch ordentliche fallbezogene Datenanalyse-Werkzeuge fallen darunter. Wir hätten daher die souveräne Nutzung und ggf. Entwicklung einer transparenten Software erwartet, in der auch technisch nachvollzogen werden kann, dass die zur Verfügung stehenden Funktionen sowohl ethisch als auch rechtlich adäquat sind. Gerade die Softwareprodukte der US-Firma Palantir wie etwa Gotham sind jedoch schon häufig durch Intransparenz und gar verfassungswidrige, weil überbordernde, Funktionen aufgefallen. Zudem löst die umfassende Verknüpfung aller vefügbaren Datenquellen und die KI-gestützte Analyse durch diese Software jegliche Zweckbindung auf, wobei gerade die Zweckbindung eine Säule der freien digitalen Gesellschaft darstellt. Wir warnen daher vor der Zusammenarbeit mit Palantir. Ein solch mächtiges, in den USA für das Militär entworfene Werkzeug in den Händen der Polizei würde zudem die leider anderweitig schon beobachtbare Militarisierung der Polizei nun im Digitalen fortschreiben. Diese Militarisierung der Polizei und Auflösung der Zweckbindung lehnen wir ab, auch deshalb, weil der Nutzen nie transparent dargelegt wurde und somit die demokratisch gebotenen Verhältnismäßigkeitsüberlegungen unmöglich sind.
Gefährliche Biometrie
Die Auswertung öffentlich zugänglicher Daten aus dem Internet, sowie die Verarbeitung von Bewegungs-, Handlungs- oder Sprechmustern stellen tiefe Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte dar, auch weil sie ungeahnte Massen-Identifikationen und -Kontrolle ermöglichen, aber gleichzeitig prinzipiell sehr fehleranfällig sind. Kein denkbares gesellschaftliches Bedrohungsszenario rechtfertigt unserer Ansicht nach diese Art von Nutzung informationstechnischer Systeme. Es ist zudem bezeichnend, dass diese Art der intrusiven Methoden zuerst in Asylverfahren verwendet werden sollen, denn dort sind regelmäßig die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft unter hohen Machtungleichgewichten Gegenstand von Bewertung und Beurteilung. Wenn überhaupt sollten solche Systeme zuerst in den Bereichen politischer Korruption und systematischer Steuerhinterziehung getestet werden. Biometrische Gesichtsdaten und andere sensible Daten sind zwar explizit in der DSGVO geschützt, wodurch Dobrindts „Sicherheitspaket“ vermutlich EU-rechtlich scheitern wird. Wir warnen allerdings dringend vor einer vorschnellen Verrechtlichung der Diskussion, denn das Vorhaben an sich drückt ein kontroll- und algorithmenzentriertes Gesellschafts- und Sicherheitsverständnis aus, was im Kern bekämpft werden muss, weil es prinzipiell einer freiheitlichen Gesellschaft entgegensteht. Gesetzte können geändert werden, das macht die andiskutierten Verfahren aber nicht richtig. Sicherheit ist im Kern eine soziale Frage und genau in diesen Bereich wird gerade von den Regierungsparteien vielfach die Axt angelegt. Dieser Zusammenhang muss im Mittelpunkt der Diskussion stehen, nicht ein Paragraphenstreit.
Digitale Nichtsouveränität
Wir sehen die Auslagerung von genuin staatlichen Aufgaben in kommerzielle Bereiche hoch kritisch. Wir wissen, dass die profitorientierte Logik von Märkten (Angebot und Nachfrage) der Sorgelogik von staatlichem Handeln (öffentliche Aufgaben) oft entgegensteht. Die Nutzung von kommerziellen Anbietern aus dem Ausland bedeutet zudem, dass keine adäquate Kontrolle der Firmen möglich ist und bei solch großen Projekten zudem eine dauerhafte Abhängigkeit entsteht – das ist das Gegenteil von digitaler Souveränität. Aufgrund des US CLOUD Act ist die Firma Palantir auch verpflichtet, auf Anfrage alle Daten an US-Stellen zu übermitteln, ob sie wollen oder nicht – wir erwarten in absehbarer Zeit ein Schrems-III-Verfahren. Und weil der größte Nutzen der Palantir-Software dann entsteht, wenn alle verfügbaren Daten importiert werden, kommt die US-Übermittlung dann einem Komplettzugriff auf privateste und hoheitliche Informationen gleich. Hinzu kommt, dass gerade der US-Gigant Palantir durch seine zentralen Figuren Alex Karp und Peter Thiel eine Sonderstellung innehat. Beide helfen aktiv bei der Faschisierung der USA unter Donald Trump, sprechen öffentlich vom Töten der „Feinde der USA“ und nutzen all ihre Mittel, um den Rest der Welt „auf Linie“ zu bringen. Vor diesem Hintergrund ist gerade die Nutzung der Software von Palantir die kurzfristigste und schlechteste Wahl, weil sie nicht nur eine fatale Abhängigkeit festigt, sondern dieses ultra-rechte Projekt auch noch durch deutschen Steuermillionen mitfinanziert.
Weitergehende Informationen
- Dobrindts „Sicherheitspaket“ missachtet Grundrechte: https://netzpolitik.org/2025/palantir-und-biometrische-ueberwachung-dobrindts-sicherheitspaket-missachtet-grundrechte/
- Biometrie ohne Bremse: https://netzpolitik.org/2025/gesichtersuche-im-asylverfahren-biometrie-ohne-bremse/
- Machtzentrale Palantir – eine Software lenkt Organisationen: https://www.heise.de/hintergrund/Missing-Link-Machtzentrale-Palantir-eine-Software-lenkt-Organisationen-10463034.html?seite=all
- Deutschland bräuchte Hoheit über die eingesetzte Software: https://www.deutschlandfunk.de/streit-um-einsatz-von-palantir-software-interview-constanze-kurz-ccc-100.html
- Bundesverfassungsgerichtsurteil zur automatisierten Datenanalyse mit „Hessendata“ (Gotham von Palantir): https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/02/rs20230216_1bvr154719.html
- Ulbricht, L., & Egbert, S. (2024). In Palantir we trust? Regulation of data analysis platforms in public security. Big Data & Society, 11(3). https://doi.org/10.1177/20539517241255108
Pressekontakt
- Rainer Rehak: rainer [dot] rehak [ät] fiff [dot] de
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