Perspektiven, Zukunftsvisionen, Chancen, Utopien

FIfF-Kommunikation 1/2024 erschienen

Perspektiven, Zukunftsvisionen, Chancen, Utopien

Wie in jedem Jahr ist auch 2024 die erste Ausgabe der FIfF-Kommunikation der FIfF-Konferenz gewidmet, die am 3.-5. November 2023 am Ostkreuz in Berlin stattfand. 

Die Beiträge zu diesem Schwerpunkt wurden von Hans-Jörg Kreowski und Margita Zallmann zusammengestellt: „Die Herausforderungen der Informatik werden nur allzuoft hinsichtlich der Gefahren, Risiken, unerfüllbaren Verheißungen und Dystopien der Digitalisierung betrachtet. Doch wie kann das FIfF dazu beitragen, eine kritische Informatik konstruktiv mit einer positiven Ausrichtung zu vereinen? Welche Perspektiven, Zukunftsvisionen, Chancen, Utopien und Inspirationen für Umbruch und Aufbruch können herausgearbeitet werden? Aufgrund der Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft haben sich drei Schwerpunkte herauskristallisiert: Cyberpeace, Information und Nachhaltigkeit und Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz.“

Besonderes Gewicht hat dabei der erste Schwerpunkt angesichts des fortdauernden Krieges der Russischen Föderation gegen die Ukraine und des zum Zeitpunkt der Konferenz gerade vier Wochen zurückliegenden Terrorakts der Hamas gegen Israel und der darauf folgenden Bombardierung des Gazastreifens: „Seit zehn Jahren greift die Cyberpeace-Kampagne des FIfF das Bedrohungspotenzial durch Cyberangriffe auf und mittlerweile generell die Gefahren durch zunehmende Aufrüstung mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnik“, schreiben sie weiter. „Angesichts proklamierter ,Zeitenwende’ und ,Kriegstüchtigkeit’ ist das FIfF gefordert, die Risiken durch den militärischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz und (teil-)autonomen Waffen zu thematisieren und den Diskurs darüber mitzugestalten.“ Ingesamt wurde deutlich, dass die unterschiedlichen Bereiche viele Querverbindungen haben und zusammengedacht werden müssen.

Im Rahmen der FIfF-Konferenz wurde auch der Weizenbaum-Studienpreis verliehen. In diesem Jahr wurden damit zwei Arbeiten ausgezeichnet, die unausweichliche Überwachung aus zwei Perspektiven betrachten: Die problematische Forderung nach ,Digitaler Mündigkeit’ und die damit verbundene Abwälzung der Verantwortung für Überwachung auf Nutzer:innen, die dieser Verantwortung aufgrund der fortgeschrittenen Überwachungsmethoden nicht mehr gerecht werden können, und die Auswirkung der Überwachungstechniken auf Unbeteiligte – Menschen, die die Technik selbst nicht nutzen, ihr aber aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit dennoch nicht entgehen können. Die Laudationes und Beiträge der Preisträgerinnen sind ebenfalls in diesem Heft enthalten.

Marie-Theres Tinnefeld erinnert an Joseph Weizenbaum und an seine Idee einer Friedensinformatik, die er auch bei der Gründung des FIfF verfolgt hat. Weizenbaum hat sich stets für Frieden, Freiheit und Toleranz eingesetzt. Die Autorin setzt dies in Beziehung zum wieder wachsenden Antisemitismus und dem Krieg im Gazastreifen – sie fragt, ob es für ihn nicht eine Herausforderung gewesen wäre, einen solidarischen Zusammenhang zwischen Israel und Palästina zu stiften.

Auch über die FIfF-Konferenz hinaus bleibt die Künstliche Intelligenz eines unserer zentralen Themen. Rainer Rehak unternimmt eine kritische Einordnung aktueller Narrative zwischen Macht und Mythos: „Der Einsatz von KI-Technologien verändert tatsächlich unsere Gesellschaften, aber nicht so, wie oft – wahlweise utopistisch oder dystopisch – argumentiert wird. Die Rettung der Menschheit durch eine leistungsstarke, mithin gute KI steht ebenso wenig zu erwarten wie die drohende Auslöschung der Menschheit durch eine unkontrollierbare, mithin böse Superintelligenz.“ Er nennt stattdessen eine Reihe von Folgen und Gefahren dieser Technologien, die Gegenstand gesellschaftlicher Debatten sein müssen, wie die Strukturveränderung des Arbeitsmarktes, die einseitige Macht- und Produktivitätssteigerung weniger Firmen, die Ausweitung personalisierter Überwachung oder die Implikationen militärischer KI-Nutzung. Mit der Regulierung der Künstlichen Intelligenz auf EU-Ebene, dem AI Act, und den damit verbundenen Fragen setzen sich Daniel Leisegang, Chris Köver und Sebastian Meineck von netzpolitik.org auseinander. Vor einer weiteren Eskalation des Kriegs im Weltraum warnen Dieter Engels, Jürgen Scheffran und Ekkehard Sieker in ihrem Beitrag. Angesichts des Krieges in der Ukraine und der Spannungen zwischen China und den USA sei es fünf vor zwölf. 

Die Demokratie gegen den zunehmenden Rechtsextremismus zu verteidigen, fordert zuletzt Dagmar Boedicker in ihrem Beitrag: „Wir alle, die wir gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nicht tolerieren, sondern den Respekt für die anderen hegen, den wir für uns erwarten, wir sollten zeigen, dass wir aus der deutschen Geschichte gelernt haben.“ Als Schritte dahin nennt sie das Verbot rechtsextremer Parteien und das Unterbinden deren Finanzierung.

Zur Ausgabe 1/2024