Mut zu Transparenz: Öffentliche Sitzungen im Digitalausschuss
In einem offenen Brief wenden sich über 20 Organisationen aus der Zivilgesellschaft an den Vorsitzenden des Ausschusses für Digitales und Staatsmodernisierung, Hansjörg Durz (CDU/CSU), sowie an die Obleute aller demokratischen Fraktionen.

10. Juli 2025 – Gemeinsamer offener Brief
In einem offenen Brief wenden sich über 20 Organisationen aus der Zivilgesellschaft an den Vorsitzenden des Ausschusses für Digitales und Staatsmodernisierung, Hansjörg Durz (CDU/CSU), sowie an die Obleute aller demokratischen Fraktionen.
Sehr geehrter Herr Durz,
sehr geehrte Frau Lührmann,
sehr geehrte Frau Hoppermann,
sehr geehrter Herr Schätzl,
sehr geehrte Frau Dillschneider,
sehr geehrte Frau Vogtschmidt,
unseres Wissens wurde für diese Wahlperiode eine Verfahrensregelung für den Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung getroffen, die vorsieht, dass der Ausschuss grundsätzlich nicht öffentlich tagt, es sei denn, die Öffentlichkeit wird beschlossen. Zudem entsteht der Eindruck, dass zumindest die Koalitionsfraktionen vorhaben, selten oder nie von der Möglichkeit der Öffnung Gebrauch zu machen.
Im Vergleich zur Handhabe während der letzten Legislaturperiode wäre dies ein Rückschritt für die Transparenz der Arbeit des Ausschusses. Diese Entwicklung sehen wir, Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, mit großer Sorge.
Transparenz ist ein wertvolles Gut und notwendig, um das Vertrauen in demokratische Prozesse zu stärken. Die Öffentlichkeit der Sitzungen des Digitalausschusses in der vergangenen Wahlperiode hat es uns, Expertinnen und Experten aus Zivilgesellschaft ermöglicht, Debatten mitzuverfolgen und unsere Expertise einzubringen. Dadurch, dass Informationen direkt zur Verfügung standen, konnten wir die fachspezifischen Debatten des Ausschusses in die Öffentlichkeit tragen. Wie der Koalitionsvertrag richtig erkennt, ist Digitalpolitik Macht- und Gesellschaftspolitik.
Die Gestaltung der Digitalisierung geht uns alle an und muss deshalb öffentlich diskutiert werden können. In der vergangenen Legislaturperiode konnten wir so eine Bandbreite an Themen vom Data-Governance-Gesetz, über digitale Identitäten und die Umsetzung der europäischen Verordnung über Künstliche Intelligenz bis zum Digitale-Dienste-Gesetz begleiten und einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen.
Digitale Gesetzgebung berührt Grundrechte, Machtverhältnisse und gesellschaftliche Zukünfte. Intransparenz gefährdet das Demokratieprinzip, das Recht auf Information und widerspricht dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf öffentliche Kontrolle parlamentarischer Prozesse.
Gerade in einer Zeit, in der staatliches Handeln zunehmend digital vermittelt wird, braucht es mehr – nicht weniger – demokratische Öffentlichkeit. Alles andere wäre ein struktureller Rückschritt. Wir halten die neue Verfahrensregelung deshalb für falsch.
Eine erfolgreiche digitale Transformation, die Modernisierung unseres Staates und die Digitalisierung der Verwaltung brauchen die Mitwirkung von uns allen. Sie können nur im konstruktiven Zusammenspiel von Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft gelingen. So wie von der Zivilgesellschaft Impulse für zukunftsfähiges Handeln und die Bereitstellung von Sachverstand erwartet werden, erwarten wir von Ihnen Transparenz und Möglichkeiten zur Partizipation und öffentlichen Diskussion.
Die Angst vor einer rechtsextremen Instrumentalisierung der Öffentlichkeit darf gerade bei der Frage der Digitalisierung und Staatsmodernisierung nicht handlungsleitend sein. Veränderung erfordert Mut – auch den Mut zur Transparenz.
Wir fordern Sie daher auf, den Digitalausschuss grundsätzlich öffentlich tagen zu lassen.
Mit den besten Grüßen (in alphabetischer Reihenfolge)
- AG KRITIS
- AlgorithmWatch
- Amnesty International
- Chaos Computer Club
- CorrelAid e. V.
- D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt
- Datenpunks Bremen
- Datenpunks e.V.
- Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD)
- Digitalcourage e.V.
- Digitale Gesellschaft e.V.
- Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF)
- FrauenComputerZentrumBerlin (FCZB)
- Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit e.V.
- kleindatenverein
- LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik
- netzbegrünung e. V.
- netzforma* e.V.
- Structural Integrity
- SUPERRR Lab
- Topio e.V.
- Wikimedia Deutschland e.V.
Pressekontakt
- Rainer Rehak: rainer [dot] rehak [ät] fiff [dot] de
Über das FIfF
Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) e. V. ist ein deutschlandweiter Zusammenschluss von Menschen, die sich kritisch mit Auswirkungen des Einsatzes der Informatik und Informationstechnik auf die Gesellschaft auseinandersetzen. Unsere Mitglieder arbeiten überwiegend in informatiknahen Berufen, vom IT-Systemelektroniker bis hin zur Professorin für Theoretische Informatik. Das FIfF wirkt in vielen technischen und nicht technischen Bereichen der Gesellschaft auf einen gesellschaftlich reflektierten Einsatz von informationstechnischen Systemen zum Wohle der Gesellschaft hin. Zu unseren Aufgaben zählen wir Öffentlichkeitsarbeit sowie Beratung und das Erarbeiten fachlicher Studien. Zudem gibt das FIfF vierteljährlich die „FIfF-Kommunikation – Zeitschrift für Informatik und Gesellschaft“ heraus und arbeitet mit anderen Friedens- sowie Bürgerrechtsorganisationen zusammen. Hier finden sich unsere 10 Werte.