Liebe Freundinnen und Freunde des FIfF, liebe Mitglieder,
Weihnachtsbrief 2024
am Ende des Jahres möchte man gerne eine positive Bilanz ziehen – doch mit Blick auf die politischen Ereignisse fällt das auch in diesem Jahr schwer. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine wird fortgesetzt – welche Aussichten es für ein baldiges Ende gibt, ist schwer zu beurteilen. Es ist aber notwendig, um das Sterben – nicht zuletzt der ukrainischen Zivilbevölkerung – zu beenden. Der schon hundertjährige Konflikt im Nahen Osten hat mit dem Terrorismus der Hamas und dem nachfolgenden Krieg Israels einen weiteren Tiefpunkt erreicht und weitet sich dadurch immer mehr aus – inzwischen beschäftigt sich der internationale Gerichtshof damit und mit mutmaßlichen Kriegsverbrechen. Zweifellos haben wir Deutschen eine besondere historische Verantwortung. Der Deutsche Bundestag hat nun allerdings eine Resolution gegen Antisemitismus verabschiedet, die grundsätzlich zu begrüßen wäre, leider aber der Sache durch Rechtsunsicherheit, zweifelhafte Praktikabilität und die Gefahr weiterer Diskriminierung einen Bärendienst erweist. Das FIfF hat sich einer breit getragenen Erklärung angeschlossen, in der inklusive Wege, Jüdinnen und Juden zu schützen und eine öffentliche Debatte anstatt einer schnellen und intransparenten Abstimmung gefordert wurden – leider vergeblich.
Gleichzeitig verstärkt sich die Akzeptanz des Militärischen. Das Unwort „kriegstüchtig“ steht neben dem albernen „Ampel-Aus“ weit oben bei der Wahl zum „Wort des Jahres“. Die öffentliche Debatte wird von Politiker:innen in (fast) allen relevanten Parteien dominiert, die sich für Rüstung und Vorbereitung der Bevölkerung auf den Krieg aussprechen – in den 1980er-Jahren sprach man von „Falken“. Wie damals muss Russland dafür herhalten, eine Gefahr für Sicherheit und steigenden Rüstungsbedarf zu beschwören. Doch dies ist mindestens zweifelhaft, wie auch eine aktuelle Studie von Greenpeace zeigt.
Dass die Informatik und die Künstliche Intelligenz eine zunehmende Rolle in militärischen Konflikten spielt, ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Rechnergesteuerte Drohnenangriffe sind in militärischen Konflikten zur täglichen Routine geworden. Die Praxis des sogenannten Targeted Killing, bei dem Menschen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz aufgespürt (Programm Lavender) und nachts getötet werden, wenn sie bei ihren Familien sind (Programm WhereIsDaddy) stößt leider kaum mehr auf öffentliche Kritik. Gleichzeitig hat unser Positionspapier dazu große positive Resonanz erfahren.
„Bedenkt was ihr tatsächlich bewirkt, bedenkt, in welchem Rahmen und zu welchen Zwecken Eure Arbeit angewendet wird. Dann überlegt: ,Will ich diesen Zwecken mit meinen eigenen Händen dienen?‘“, schrieb uns Joseph Weizenbaum schon vor vielen Jahren ins Stammbuch.
Das FIfF arbeitet daran, in diesem Sinne solchen Entwicklungen entgegenzuwirken und ihnen ein positives Konzept entgegenzusetzen. Eines unserer Schwerpunktthemen ist die nachhaltige Entwicklung der Informatik. Unsere FIfF-Konferenz 2024 in Bremerhaven setzte sich intensiv mit diesem Thema auseinander. Dabei haben wir einen besonderen Fokus auf Open Source gelegt und diskutiert, wie die Erzeugung von CO2 reduziert, ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklungsansätze eingebracht, digital souveräne und langlebige Infrastrukturen unterstützt und ressourcensparsame Projekte gestärkt werden können. Wie in jedem Jahr konnten wir auch wieder unseren Weizenbaum-Studienpreis für großartige Arbeiten verleihen, die sich mit der Deeskalation von Cyberkonflikten und der Kontrolle von Cyberwaffen, mit der Technikfolgenabschätzung bei Dual-Use-Anwendungen und mit Tests von Flow-Korrelationsangriffen auf verschlüsselte Messenger-Anwendungen auseinandersetzten. Herzlichen Glückwunsch an die Preisträger:innen und vielen Dank für Eure wichtige Arbeit.
Die Weiterentwicklung unserer universellen Sensorstation als Citizen Science haben wir in diesem Jahr zu einem ersten Abschluss geführt und arbeiten für eine Anschlussfinanzierung im nächsten Jahr.
Und wir haben auch sonst im nächsten Jahr viel vor:
- die FIfF-Konferenz 2025, für die wir noch einen Veranstaltungsort suchen,
- die Herausgabe der FIfF-Kommunikation in gewohntem Umfang und Qualität,
- die weitere Professionalisierung der Arbeit des FIfF und der FIfF-internen Kommunikation.
- die Mitgliederkommunikation mit unserem regelmäßigen Neumitglieder-Intro und Mitgliederstammtisch,
- die weitere Verstetigung und Internationalisierung der Bits & Bäume-Bewegung,
- Sachverständigengutachten für Parlamente, Medien und Gerichte und Stellungnahmen für die Öffentlichkeit,
- Mitwirkung am Chaos Communication Congress 38c3 in Hamburg.
Die Arbeit des FIfF wird zum überwiegenden Teil ehrenamtlich geleistet. Doch ehrenamtliches Engagement hat seine Grenzen – dann kostet unsere Arbeit auch Geld: für Bereitstellung der Infrastruktur, Öffentlichkeitsarbeit, Aktionen und Organisation.
Mit Eurer Spende können wir die öffentliche Wahrnehmung für unsere Themen und das Engagement für verantwortliches Handeln weiter verstärken.
Vielen Dank und alles Gute für frohe Festtage und ein gesundes Jahr 2025,
Stefan Hügel, Rainer Rehak